Sonntag, 10. November 2013

Samstag, 26.10.2013 – Wonderful Wet and Windy Welsh Weather [Ennie]

Zuerst eine kleine Entschuldigung, dass der Text für heute so lang geworden ist, aber anders kann man dem Tag einfach nicht gerecht werden. Also: Viel Spaß beim Lesen!

Ich war mit als eine der Ersten wach und gottseidank lag ich direkt neben dem Fenster an der Wand – und so ging mein allererster Blick draußen, um endlich die Landschaft um uns herum zu sehen. Eine Offenbarung! Schroffe, kahle Berge, nicht zu hoch, größtenteils mit Gras und Flechten bewachsen, in einem grünen, teilweise rötlichen Braunton. Darüber die grauen Wolken – so richtig rau und urig – und als ich später vor die Hütte trat, empfing mich ein starker Wind und die geballte Kraft des walisischen Wetters. Ich kann es nicht beschreiben, es ist einfach genial. Aber vielleicht können euch die Bilder einen etwas besseren Eindruck vermitteln.

An diesem Morgen war Frühstück für um 7 angesetzt, aber wie das im Club nun mal so geht, wurde es 8 und später. Es gab leckeren Porridge von Trish, der Club-Mama, mit Marmelade dazu – mmmmmh! Ich hatte ihn ja auch schon mal gemacht, und da fand ich ihn nicht so gut...

Danach bereiteten alle ihre Sachen für den heutigen Tag vor, Kletter-Gears, Essen,... Wir bekamen noch Trekking-Hosen, weil alle uns von Jeans abrieten. Und wieder dauerte es eine Ewigkeit, ehe alle fertig waren. Alle Mädels warteten schon lange vor der Hütte, nur die Kerle kästen sich wieder nicht aus. Als es endlich los ging, gab es zwei Gruppen. Die weitaus größere Gruppe ging zum Klettern. Lisi, ich, Matt der Chef, Mike, Alison, Bryn und Sonja wollten wandern. Wir hatten uns ihnen angeschlossen, weil wir erstmal die Landschaft sehen wollten und hofften, am Sonntag noch klettern gehen zu können. Der Start der Wanderung stellte sich als schwierig heraus, denn Matt und Mike wollten uns etwas über Karten und Navigieren beibringen und so blieben wir alle paar Minuten stehen – lieb gemeint, aber nicht konsequent genug. Wir gingen einen Pfad entlang und dann gings los: Querfeldein einen langen und steilen Abhang hinauf, über tiefes Gras und rutschige Steine. Warum querfeldein? In UK gibt es so etwas wie „Open Access Land“ (?), wo man ab einer bestimmten Höhe überall langlaufen darf. Deshalb sind dort auch kaum Pfade und man muss sich wirklich gut orientieren können.
 
So sieht´s hinter der Hütte aus
Warten, dass es losgeht!
V.l.: Lisi, Tim, Hannah, Bryn, Tom, ?,
John, Chris, Gabriel, Guillaume
Ich hatte meine Zehenschuhe angezogen, im Gedanken daran, dass wir auf Pfaden gehen werden. Doch als ich dann bis zum Knöchel im Matsch steckte, wurde mir klar, dass Zehenschuhe nichts für Snowdonia sind ;-). Auf dem Bergkamm habe ich sie dann gegen meine Turnschuhe gewechselt – auch nicht optimal, aber besser. Was mich am Aufstieg sehr nervte: Alle paar Höhenmeter blieben sie stehen um Pause zumachen, und dann wurde man immer verdammt kalt. Ich glaube, ich habe die ein bisschen genervt, aber ich wollte mich nicht erkälten und dann ging es auch endlich voran. Auf dem kahlen, grasigen Bergrücken ging es dann weiter, durch Matsch und Schlamm. Aber es war toll, auch die Aussicht auf die anderen Berge. Dann wurde Mittagspause gemacht, und mir wurde es Himmelangst, weil es noch so weit bis zur Spitze schien. Doch dann sagte uns Matt, dass wir auf einen anderen Berg gehen würden, nicht auf den, der direkt vor uns lag. Also scheinen sie doch ein bisschen Zeitgefühl zu haben... :-) (übrigens waren einige aus der anderen Gruppe dann noch auf diesem Berg - der muss richtig toll gewesen sein!) 

Weiter ging´s... - und dann kam der Strum! Sowas habe ich noch nicht erlebt! Er fegte über den Bergrücken und machte das Fortkommen zu einem absoluten Kampf – einfach unglaublich!!!! Zur Spitze ging es dann ziemlich gemächlich hoch und es war in keinem Fall steil, sodass man hätte abstürzen können. Aber da waren ein Haufen kleine Steine, über die man hinweg musste. Normalerweise auch kein Problem, aber unter den Umständen schon: Jedes Mal, wenn man für einen Schritt ein Bein in der Luft hatte, lief man Gefahr vom Wind umgeweht zu werden und sich in den Steinen zu verheddert und auf den Boden zu schlagen. Das ging echt an die Kräfte und vorallem auf die Beine, weil man sich immer mit dem rechten Bein abfangen musste. So einen Muskelkater im Oberschenkel habe ich noch nie gehabt, ich konnte bis Dienstag nur schwer laufen...
Lisi und Mike, auf dem Bergrücken
Lisi blieb dann mit Mike zurück und wir anderen gingen noch das Stück bis zur Spitze. Die Spitze des Berges war groß und sehr flach, doch in der Mitte türmten sich riesige Steine auf, die aufeinander lagen und quer über ihnen lag der größte! Und so begann eine Kletterpartie mit Turnschuhe über glitschige Steine, bei unglaublichem Wind und ständig der Gefahr, in eines von den metertiefen Löchern zwischen den Steinen zu rutschen. Auf dem riesigen Stein ganz oben angekommen, konnten wir dann nur noch kriechen, weil wir sonst runter geweht worden wären.
V.l.: Ich, Alison und Bryn, Photo by Matt
Der Aufstieg war nicht hart gewesen, von ca. 300 auf 1000 Meter (ja, die haben hier zwar Feet und Miles, aber auf den Karten sind die Höhen und Entfernungen in Metern und Kilometern angegeben). Aber der Wind! Dazu Turnschuhe, eine viel zu große Hose, Matsch (Bryn ist sogar einmal bis zum Oberschenkel eingesunken :-) und einen unbequemen Schulrucksack statt eines richtigen Wanderrucksackes, glitschige Steine... Trotzdem war es einfach der Hammer! Beim Abstieg wollte Matt dann schon vor gehen, zu Lisi und Mike und ab da ward er nicht mehr gesehen,... auch die beiden nicht, denn die waren schon vorgegangen.

Der Abstieg war ähnlich wie in den Alpen, doch der Wind wurde plötzlich noch viel stärker. Es gab Momente, da zerrte er so an den Wimpern, dass ich meine Augen kaum aufbekam und ich konnte ihn in meinen Nasenlöchern pfeifen hören... Unbeschreiblich!!! Hinzu kam Regen. Ich war bis auf die Haut durchweicht, mein ganzer Rucksack bis ins Innerste nass, nur am Rücken war ein kleiner Fleck trocken. Jetzt wusste ich, warum alle über Nässe, Wechselklamotten und „Waterproof“ gesprochen hatten. Zudem wurde die Landschaft durch die vielen kleinen entstandenen Seen komplett verändert. Wir waren jetzt nur noch zu viert und machten uns auf den Rückweg – keiner von uns kannte sich dort aus. Wir suchten nach einem Abstieg ins Tal, doch der war sehr schwer zu finden. Ab und zu machten wir Rast, wenn es einen großen geschützten Felsen gab, um uns ein wenig von dem Wind auszuruhen. Als wir immer weiter und weiter gegangen waren und kein Abstieg in Sicht war, beschlossen wir, den gesamten Weg einfach wieder zurück zu gehen. Es dauerte eine Ewigkeit. An dem steilen Abhang vom Anfang setzten wir uns dann einfach hin und rutschten das Gras herunter. Doch da waren auch noch von Moos überwachsene Steine und ich rutschte ständig mit meinen Füßen in die Löcher, einmal verlor ich fast einen Schuh. Egal, einfach weiter gehen (oder schlittern :-).... Und die Stimmung war immer noch gut! Doch wir waren froh, als wir endlich unten angekommen waren.

Alles in allem war es keine körperlich anstrengende Wanderung, aber dieser unbeschreibliche Wind und diese unbeschreiblich Nässe waren eine unvergessliche Erfahrung, die für sich genommen doch wirklich anstrengend war. Am Abend blies der Wind so stark ums Haus, dass ich im Halbschlaf wieder den Wind und den Regen auf meinem Gesicht gespührt habe.
Was auch toll war: Heute hatten wir mal nur Briten um uns herum, keinen einzigen anderen Austauschstudenten – das war irgendwie mal sehr erholsam!

Zurück in der Hütte trafen dann stückchenweise alle anderen ein, die sich auch zum Teil getrennt hatten - alle klitschnass wie wir! Lisi und Mike kamen kurz nach uns an, sie hatten den Abstieg gut geschafft, aber waren auch nicht mehr ganz trocken ;-)! Überall nasse Menschen, nasse Klamotten, nasses Equipment – die Hütte muss gedampft haben vor Nässe. Die Dusche und die trockenen Sachen danach waren noch nie so angenehm :-)!

Danach ging es gleich weiter, denn wir wollten noch in einen Pub nach Betws-y-Coed. Also haben wir uns Tüten über die Füße gezogen, sind in die nassen Schuhe rein, haben unsere tollen Glyndwr Regenmäntel angezogen, um die uns alle beneideten und in denen wir aussahen wir große Ü-Eier, und los ging´s. Das war wirklich schön! Wir haben am Pub draußen gesessen, die Sonnenschirme haben uns vor Regen geschützt und die Heizstrahler haben mein Gesicht zum Glühen gebracht. Es war eine einmalige Stimmung, fast wie in einer lauen Sommernacht, nur dass es um uns herum eisig kalt war, es geregnet hat und ein starker Wind ging. Aber das kümmerte uns nicht! Es wurde geplappert und gelacht und es war einer der schönsten Momente des ganzen Ausflugs.
Auf dem Heimweg bin ich dann bei einem der anderen Teilnehmer in seinem Land Rover Defender mitgefahren. Das Witzige: Als wir letzte Woche im Boardroom klettern waren, habe ich ausgerechnet von diesem Defender ein Bild gemacht (für meinen Freund, der auch so ein Schlachtschiff fährt), ohne zu wissen, dass es jemanden vom Club gehört – genialer Zufall! Schon cool, im Heimatland des Defenders mit einem zu fahren, natürlich mit Lenkrad rechts :-)!

In der Hütte angekommen, gab es dann Essen: Kartoffelbrei, Würstchen und brauen Soße, auch ein typisch britisches Essen. Alle zogen uns wieder damit auf, dass wir unter anderem wegen der Hoffnung auf typisch britisches Essen mitgekommen seien, denn es war wirklich von aller unterster Qualität – witzig :-)! Danach noch Apfelkuchen und wirklich leckeren britischen Käse!
Es wurde mit den verschiedenen Musikinstrumenten gejamt, die Mike mitgebracht hatte und außerdem gab´s noch von Zweien der Teilnehmer eine kleine Feuershow mit brennenden Stäben!

Unsere Küche
Und dann fingen wieder die Spiele an :-) : Erst ein Spiel für Kletterer: Unter einem Tisch hindurch auf die anderen Seite zu Klettern, ohne sich auf den Boden abzulegen. Das war so witzig.. wie die Affen! Nur die Füße und Finger haben noch über die Tischkante geschaut! Aber das Spiel machte wenigstens noch Sinn... Danach wurde es wesentlich alberner: Wir (d.h. Die Jüngeren unter uns – das Durchschnittsalter wird ungefähr bei 28 gelegen haben?) setzten uns in einen Kreis zusammen. Die Spiele sollen nicht weiter beschrieben werden, es genügt zu sagen, dass sie aus einer Aneinanderreihung und streng festgelegten Weitergabe merkwürdiger Laute bestanden, die einen potentiellen Zuschauer veranlasst hätten, die Polizei und die Leute mit dem bunten Auto mit den viereckigen Rädern zu verständigen... :-) Ich lach mich tot, während ich das schreibe und daran denke!

Trish versucht sich beim Kletter-Spiel
V.l.: Mike, Tom, Tim, Matt, John,
der andere Tom (in grün), Bryn, Hannah, Lisi
 
Danach saßen wir noch ein bisschen im Kaminzimmer zusammen und quatschten, aber wir waren alle wirklich müde und so brach für uns die zweite und leider schon letzte Nacht in der Hütte an.

2 Kommentare:

  1. Manches mögen wir uns kaum vorstellen....! Aber offensichtlich hat`s Euch allen großen Spaß gemacht und Ihr seid vom lebenslang nicht kurierbaren "Snowdonia-Fanvirus" befallen! Klasse, dass Ihr sowas Tolles erlebt habt (und ganzbeinig wieder da rausgekommen seid)! LG aus SM

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  2. Übrigens haben wir später mitbekommen, dass Hannah eigentlich (zumindest mit Spitznamen) Carly heißt :-)
    [Ennie]

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